Keine Stille Nacht - Heiligabend für die Rettungsdienste
Während am Heiligabend Kerzenschein und weihnachtliche Weisen in vielen Stuben für Stimmung sorgen, eilen draußen die Rettungsdienste mit Blaulicht und Martinshorn von einem Einsatz zum nächsten. Aus Erfahrung wissen die Lebensretter vom Roten Kreuz, den Maltesern und Johannitern, dass der Dienst am Freitag sicher keine stille Nacht wird.
Dr. Josef Schuster ist seit 29 Jahren in Würzburg als Notarzt tätig. Aus Gründen der Kollegialität stellt sich der gläubige Jude traditionsgemäß für den Dienst am Heiligabend zur Verfügung. Auch wenn Weihnachten für den 56jährigen Internisten keine religiöse Bedeutung hat, so geht das stimmungsvolle Fest auch nicht an ihm spurlos vorbei: "Schon als Kind war Weihnachten für mich was Besonderes, worauf wir uns auch gefreut haben. Zur Bescherung waren wir immer bei Freunden eingeladen".
Dr. Schuster stellt sich darauf ein, Freitagabend von Dienstbeginn an immer wieder unterwegs zu sein. Erst nach Mitternacht lasse die Zahl der Alarmierungen erfahrungsgemäß wieder nach. Die notärztlichen Behandlungen unterscheiden sich allerdings kaum von dem in anderen Nächten. "Herzinfarkt, Schlaganfall, häusliche Unfälle, da ist alles dabei". Nachdem seit einigen Jahren Gaststätten und Diskotheken Heiligabend öffnen dürfen, kommen auch damit im Zusammenhang stehende Notfälle wie Alkoholvergiftungen und Verkehrsunfälle wieder häufiger vor. "Die ursprüngliche, früher auch auf den Straßen wahrnehmbare Stille Nacht gibt es heute nicht mehr".
Der Rettungsassistent Thorsten Stadler und seine Kollegin Simone Malina vom Bayerischen Roten Kreuz wissen, dass gerade in der Heiligen Nacht vor allem Einfühlungsvermögen gefragt ist. Mit ihrem Rettungswagen decken sie auch Notrufe ab, bei denen keine akute Lebensgefahr besteht, der Notarzt also nicht dazu gerufen wird. "Hinter plötzlichen Schmerzen, Atemnot und Kreislaufbeschwerden verbirgt sich häufig der Wunsch, nicht allein sein zu wollen", so Stadler. Entgegen vieler Erwartungen, kommen Suizidversuche Heiligabend seltener vor.
"Einsätze zu Weihnachten sind besonders oft mit Dramatik verbunden", weiß Dieter Weisensel vom Malteser-Hilfsdienst. Hierzu zählt der 50jährige Lebensretter vor allem Streitereien, akute Erkrankungen und Todesfälle unter dem Weihnachtsbaum. "Auch durch Advents- oder Weihnachtskerzen ausgelöste Brände können das Fest in einen Horrortrip verwandeln".
Rettungsdienstleiter Alexander Nöth von den Johannitern mahnt zu weihnachtlicher Vor- und Rücksicht, "sowohl untereinander wie auch beim Umgang mit Gefahrenquellen". Wie Nöth aus Erfahrung weiß, werden Heiligabend oft akute Krankheitsgeschehen aus Rücksicht auf die festliche Stimmung ignoriert. "Das ist nicht nur falsch, das kann lebensgefährlich sein", so seine Warnung.
Die Rettungsdienste wünschen sich für Weihnachten Plustemperaturen. "Unsere Fahrzeuge sind zwar wintererprobt, doch können Schnee oder Eisglätte auch wertvolle und manchmal lebensrettende Minuten kosten", so der Leiter des BRK-Rettungsdienstes Jens-Uwe Greiner.
Sollten dennoch die Mannschaften des Rettungsdienstes das Einsatzaufkommen nicht alleine bewältigen können, stehen auch an den Weihnachtsfeiertagen ehrenamtliche Schnelleinsatzgruppen von BRK, MHD und JUH zur Verstärkung bereit.
Bild: Michael Dittmann
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