Erneut im Rampenlicht
Von der Welt vergessen, arbeitete Henry Dunant wie besessen an seiner gesellschaftlichen Rehabilitation, um wieder als Gründer des Roten Kreuzes anerkannt zu werden. Zu diesem Zweck schrieb er an einer Neufassung von „Un Souvenir de Solferino“ und der Geschichte des Roten Kreuzes.
Und tatsächlich blieb Dunant nicht vergessen. Ein Telegramm des mit Dunant befreundeten Heidener Lehrers Wilhelm Sonderegger an den 1892 in Rom tagenden Kongress des Internationalen Roten Kreuzes, „Dunant lebt und ist in großer Not“, war eine Sensation. Dunant erlebte eine vollkommene moralische Rehabilitierung.
Dunant wird erster Träger des Friedensnobelpreises
Am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, erhielt Dunant ein Telegramm aus Kristiania, dem heutigen Oslo, mit folgender Botschaft: „Das Nobelkomitee des Norwegischen Parlaments hat die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass es den Friedensnobelpreis für 1901 zu halben Teilen Frédéric Passy und Henry Dunant zuerkannt hat.“ Diese weltweit anerkannte Ehrung erfüllte Dunant mit tiefer Genugtuung.
Danach wurde es gleichwohl wieder sehr still um den Gefeierten. Dunant verließ das Haus monatelang nicht und sonderte sich immer mehr ab. Der Rotkreuzgründer erahnte eine düstere Zukunft. Er geißelte die zunehmende Entwicklung der Kriegstechnik: „Es scheint, der Fortschritt der modernen Zivilisation bestehe vor allem im Erfinden der besten Zerstörungsmaschinen.“
An anderer Stelle schrieb er: „Dabei ist der wirkliche Feind nicht die Nachbarnation sondern die Kälte, das Elend, die Unwissenheit, die Gewohnheit, der Aberglaube, das Vorurteil.“
Nach seinem 80. Geburtstag begannen Dunants Kräfte zu schwinden. Am Sonntag, den 30. Oktober 1910, sprach der Sterbende seine letzten Worte: „Ach, wie wird es dunkel um mich her“, und entschlief an Altersschwäche.
Dunant wollte, dass seine Asche auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld beigesetzt wird, was am 2. November 1910 geschah. Dort ist sein Grab immer noch zu besichtigen.